Alle unter einem Dach
Frau Lippmann, wie funktionieren neue Wohnformen ohne Eigenkapital?
Unser Modell „Nachbarschaftlich leben“ richtet sich an Frauen mit geringem und mittlerem Einkommen. Wenn sich acht bis zehn Frauen gefunden haben, vermittle ich ihnen Wohnungen, die sich alle in einem Haus befinden. Die Grundidee ist der Nachbarschaftsgedanke. Das heißt, dass sie sich gegenseitig unterstützen, zum Beispiel beim Einkaufen oder bei Arztbesuchen. Die Frauen unserer zwei Wohngruppen, die seit 14 beziehungsweise dreieinhalb Jahren als Nachbarinnen zusammen leben, sind 55 bis 82 Jahre alt. Wenn eine krank ist, pflegen die anderen sie. Dadurch können sie als Mieterinnen in ihren Wohnungen bleiben und müssen nicht in ein Pflegeheim.
Also bleiben die üblichen Mietkosten.
In unserem Land bezahlt der Staat zwar die Schulden der Banken, aber die Mieten von armen Rentnerinnen zahlt er nicht. Die Frauen leben dabei in Miete, das heißt sie müssen kein Eigenkapital für eine Eigentumswohnung aufbringen.
Wäre eine Genossenschaftswohnung nicht eine Alternative?
Davon rate ich ab. Denn auch dafür braucht man Kapital, um sich einzukaufen. Wer hat denn mal eben einen fünfstelligen Betrag übrig? Gerade für ältere Menschen lohnt es sich nicht, in eine Genossenschaft einzusteigen. Sie haben dann ja keine Wohnung, die sie später verkaufen können, sondern nur ein Wohnrecht.
Warum richtet sich ihr Projekt eigentlich nur an Frauen?
Es hat sich so ergeben und mittlerweile bewährt. Unter den Damen gibt es so keine Rivalitäten um einen Mann. Es hat sich eine innere Harmonie entwickelt. Sie können ihre Probleme ganz gut ohne Männer lösen. Das Modell könnte aber auch auf Männer übertragen werden.