BIO, 5/2012, Okt./Nov.


Weiberwirtschaften - Wohnfrauen der Wohngruppe 2

Der Förderverein Nachbarschaftlich leben für Frauen im Alter e. V. koordiniert die einzelnen Gruppen, macht Medienarbeit und wählt die neuen Mitfrauen aus. Wenn sich aus dem Verein heraus eine neue Gruppe bildet, sucht der Vorstand Wohnungen, indem er mit Bauträgern in Kontakt tritt. Wer mitmachen will, muss Mitglied im Verein werden, ein Interesse an dessen Kulturangebot wird vorausgesetzt. „Ein gewisses Niveau“ so Christa Lippmann, „dürfen die Frauen schon mitbringen. Daher wird in die Wohngruppe nur aufgenommen, wer sich als Teil ihrer Lebensgestaltung sozial engagiert hat oder bereit ist, dies in der Gruppe zu tun. Bei manchen ist es die Kirche, bei anderen die Nachbarschaftshilfe oder die Alten- und Servicezentren als Ort des Engagements.“

Dieselben Interessen – das gilt für beide Wohngruppen des Vereins – bilden eine gute Grundlage, um miteinander auszukommen. Trotzdem gibt es natürlich auch Konflikte.
Aber mit Hilfe von Mediatoren gelingt es, diese meist zügig zu lösen. „Dabei ist zu bedenken, dass jede Frau mindestens 60 Lebensjahre hinter sich, Erfolge und Frustrationen erlebt und diese unterschiedlich verarbeitet hat. Es wird viel von jeder Frau verlangt, wenn nach Jahren des Alleinseins kulturelle und sonstige Tagesgestaltungen gemeinsam unternommen werden.“

Reges Interesse an den Gruppen
Doch keine der Bewohnerinnen hat ihre Entscheidung jemals bereut. Feodora Riotte (75), die im Wohnprojekt am Ackermannbogen ihr Zuhause gefunden hat, weiß warum: „Wir treffen uns hier im Gemeinschaftsraum, trinken Kaffee zusammen, gehen spazieren und können unsere Probleme bereden. Im normalen Leben ist eine Frau mit bescheidenem Einkommen leicht ausgegrenzt. Wir hatten schon den Fall, dass eine Frau Probleme mit ihrem Kostenanteil für den Gemeinschaftsraum hatte. Daraufhin beschlossen wir, dass die Gruppe den Betrag auslegt – bis die Nachbarin wieder auf dem Laufenden ist. Für uns war das eine gute Erfahrung. Die Nachbarin hatte allerdings Probleme, das Entgegenkommen anzunehmen. Inzwischen ist die Sache schon länger ausgeglichen, aber wir haben alle gelernt, wie schwer es ist, etwas anzunehmen.“

Inzwischen treffen sich regelmäßig Interessentinnen für eine neue Wohngruppe. „Waren es bei den ersten beiden Projekten vor allem Frauen von 60 Jahren aufwärts, kommen jetzt immer jüngere und vor allem gut ausgebildete Frauen. Frauen, die sich rechtzeitig nach einer Alternative umsehen wollen“, stellt Christa Lippmann fest. Sie rät den Interessierten, erst mal eine der Info-Veranstaltungen im Haus evangelisches Forum am Sendlinger Tor zu besuchen oder sich am Tag der offenen Tür umzusehen....